Rosemarie Trockels Eibengebüsch braucht noch ein paar Jährchen
Von Lukas Speckmann Münster. Die Eibenheck e ist schon unter Dach und Fach. Sie wird selbst dann noch am Aasee-Ufer kurz hinter der Torminbrücke stehen, wenn über die Skulptur-Projekte 2007 längst Gras gewachsen ist. Ein münsterisches Sammlerpaar hat Rosemarie Trockels Kunstwerk erworben und kümmert sich dauerhaft um die Pflege. Das ist auch wichtig, denn die Künstlerin war ein bisschen spät dran mit ihrer Arbeit. Ihre eigentliche Absicht wird man wohl erst in ein paar Jahren erkennen können, wenn die Hecke richtig dicht gewachsen ist. Im Moment sieht das Ganze noch ein bisschen zerrupft und unfertig aus.
Immerhin, die Form ist schon gut erkennbar. Und wenn auch gerade diesem Kunstwerk überdurchschnittlich viele kritische Anmerkungen zuteil werden ("was soll daran denn Kunst sein?"), ist es doch eine geradezu klassische, mit dem Ort und seiner Vergangenheit fest verwurzelte Arbeit. Weil es sich im wahren Sinn des Wortes um eine Skulptur handelt, und das können nicht viele der Skulptur- Projekte anno 2007 von sich behaupten. Rosemarie Trockel schafft aus einem urwüchsigen Material eine absichtsvolle, eigenwillige Form: zwei leicht schräg gesetzte massive Quader. Es ist eine Gestalt, die sich von selbst verändert, wächst, gedeiht, vielleicht teilweise vertrocknet, jedenfalls spannenden Schwankungen unterworfen ist.
Nichts Besonderes für eine ganz normale Eibe. Bei einem Kunstwerk allerdings, das mit seiner behäbigen, fast schon etwas unmäßigen Gestalt eher an abstrakte Steinskulpturen als an eine Hecke erinnert, wirkt das angenehm widersinnig. Schon jetzt nisten Vögel in dem Gestrüpp und mischen das Ganze auf. Das Kunstwerk lebt! Der Formschnitt von Hecken hat im Münsterland eine lange Tradition. Die Gartendesigner des Barocks schufen mit seiner Hilfe Blickachsen, um herrschaftliche Architektur ins rechte Licht zu rücken. Auch Trockels Hecke bietet einen Durchblick: Die Lücke zwischen den Quadern gewährt freie Sicht auf das Hochhaus gegenüber.
Andererseits wirkt die viereinhalb Meter hohe Pflanzung auch wie ein Sichtschutz, um sensiblere Spaziergänger vor genau diesem Anblick zu bewahren. Wenn das Grün dicht und fest geschlossen ist, schlägt die Stunde der Heckenschere. Denn eigentlich soll die Oberfläche eine sehr komplex bearbeitete Struktur aufweisen, die weniger an einen Heckenschnitt als an eine Holz- oder Gipsfigur denken lässt. Dann erst kommt auch der Titel der Arbeit zu seinem Recht: "Less Sauvage than Others" - weniger wild als andere. |