NABU unterhält einen Rückzugsraum für seltene Pflanzen und Tiere an der Umgehungsbahn in Gremmendorf
Von Burkhard Beintken Gremmendorf - Wilde Bienen schwirren um blau blühende Bergsandglöckchen. Weite Flächen voll Silbergras schimmern weich im Sonnenlicht. Mittendrin steht Andreas Beulting und freut sich über die Schönheit dieses Fleckchens Erde in der Loddenheide. Er trägt braune Lederstiefel und eine Cordhose, sieht mit seiner Outdoor-Jacke und dem Rucksack aus wie ein Wanderer. Doch der Landschaftsökologe ist beruflich hier am Damm der Umgehungsbahn. Als "Biotopmanager", wie er sagt. Im Auftrag des Naturschutzbundes NABU.
Er kartiert seltene Pflanzen, um den Erfolg der Naturschutzmaßnahmen auf dem Bahndamm am Rande Gremmendorfs zu kontrollieren. Sechseinhalb Hektar Fläche unterhält die NABU-Naturschutzstation Münsterland hier. Wie Perlen an einer Kette ziehen sich die Biotope an der Bahnlinie entlang. Unterbrochen von Wäldern, Häuschen und Kleingärten. Die NABU-Flächen sind ein Paradies für besondere Pflanzen: "Asketen, Hungerkünstler und Wassersparer", nennt Beulting sie. Diese Pflanzen wachsen auf einem mageren Sandboden, brauchen wenig Wasser und wenige Nährstoffe.
Auch im Hochsommer, wenn die Sonne den Sandboden auf 70°C aufheizt, gehen sie nicht ein. Offene Stellen zwischen der Vegetation bieten Brutplätze etwa für die Zauneidechse oder Wildbienen. Zahllose Arten der Honigsammler leben hier, gut dreißig stehen auf der roten Liste. Doch nicht nur die seltenen Pflanzen und Insekten fühlen sich hier wohl. Manchmal schlagen Obdachlose im nahen Wald ihre Zelte auf, treffen sich auf den freien Flächen. Sie sind hier willkommen, sagt Beulting. "So lange sie keinen Quatsch machen..." Noch vor wenigen Jahren gab es hier kaum freie Flächen: Wilde Sträucher und Unkraut wucherten zwischen den Schienen und dem Waldrand.
Doch dann hat die Bahn die Fläche unter der Hochspannungsleitung gerodet. Beulting hat damals erkannt, dass es hier ein wenig des seltenen Silbergrases gibt. Daraufhin hat der NABU die obere Humusschicht abgetragen und den trockenen Sand hierher geschafft. Seitdem finden Silbergras, Bergsandglöckchen und Co. wieder ihren ursprünglichen Lebensraum. Von Jahr zu Jahr haben sich die seltenen Asketen neue Flächen erobert. Das kann man nicht nur sehen, das dokumentieren auch Beultings Untersuchungen. Mit GPS hat er sich seine Untersuchungsfelder eingemessen, regelmäßig kontrolliert er hier die Entwicklung der Pflanzen, plant neue Entwicklungsmaßnahmen.
Die Stadt Münster unterstützt die Arbeit des NABU finanziell. Damit die seltenen Exemplare weiter gedeihen können, stechen zwei Mitarbeiter Unkraut wie die Besenginster aus. Ein Güterzug rattert vorbei, Momente später hört man wieder Vogel-Gezwitscher. Der Wind rauscht leise durch die nahen Baumwipfel. "Im Juli kommt unsere mobile Einsatztruppe zur Biotoppflege hierher", sagt Beulting. Er meint damit die Schafherde des NABU, die etwa die Brombeersträucher klein und die Gräser kurz hält. Noch ist es dafür aber zu früh: Es ist Hauptblütezeit. Bienen schwirren auf der Suche nach Nektar um die blühenden Blumen. |